Steinbach-Rückzug

Die Union wirft Ballast ab

09.09.2010
Ein Kommentar von Roland Nelles

Vertriebenenpräsidentin Steinbach: Abschied aus dem CDU-Vorstand

Die umstrittene Vertriebenenfunktionärin Erika Steinbach kehrt der CDU-Führung den Rücken - mit großem Getöse. Für die Union ist dies ein Segen: Endlich kann sich die Partei von einer historischen Altlast trennen.

steinbach"Das wird man ja wohl noch sagen dürfen", ist derzeit wieder ein gern genutztes Sätzchen. Man wird ja wohl noch sagen dürfen, dass viele Ausländer kriminell sind, rufen die Sarrazin-Freunde. Man wird ja wohl nach sagen dürfen, dass die SPD doof ist, ruft Wolfgang Clement (sinngemäß). Man wird ja wohl nach sagen dürfen, dass 1939 nicht Deutschland, sondern Polen zuerst seine Truppen mobilisiert hat, findet Erika Steinbach.

Man wird ja wohl noch sagen dürfen, dass Frau Steinbach politisch absoluten Unsinn geredet hat.

Offenbar fühlte sie sich durch die Sarrazin-Debatte beflügelt, auch einmal so richtig rhetorisch die Sau rauszulassen. Ihre Einlassungen sind überflüssig, dumm und rückwärtsgewandt. Wer über die Frage diskutiert, wer zuerst seine Armee mobilisiert hat, Deutschland oder Polen, kann damit nur einen Zweck befolgen - grobe Geschichtsklitterung. Jeder weiß, dass Polen keinen Krieg mit Deutschland wollte, sondern allein Hitler und seine "Lebensraum"-Planer.

Man wird ja wohl noch sagen dürfen, dass Frau Steinbach nun ihr wahres Gesicht zeigt.

Frau Steinbach verkörperte eigentlich stets so etwas wie Aufbruch bei den Vertriebenen. Sie wirkt auf den ersten Blick freundlich, umgänglich, konziliant. Dazu passt, dass sie Signale der Verständigung setzte: Sie reiste nach Polen, suchte das Gespräch, auch wenn sie dort stets als eine Art Staatsfeindin Nummer eins gesehen wurde.

Doch nun zeigt sich: Die Polen haben bei allen Übertreibungen im Kern das richtige Gespür bewiesen. Hinter der verbindlichen Fassade steht Frau Steinbach als Vertriebenenfunktionärin alten Typs.

Knallhart revisionistisch, kompromisslos.

Sie ist eine politische Figur, die nicht mehr in das 21. Jahrhundert passt: Steinbach und ihr Gefolge im Bund der Vertriebenen haben nichts gelernt: Statt wirkliche Versöhnung mit den Nachbarn in Polen voranzubringen, schlagen sie Schlachten von gestern. Das Misstrauen der Polen, aber auch der Tschechen gegenüber den Vertrieben ist groß, wer will es ihnen nach dem Horror des Zweiten Weltkriegs verdenken.

Das Aufrechnen von Leid führt in die Irre

Mit ihrem Verhalten strapaziert Steinbach die Solidarität all jener, die bislang ihr Projekt für ein Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin verteidigten. Die Idee, einen solchen Ort der Versöhnung zu schaffen, kann mit Unversöhnlichen nicht gelingen.

Niemand will die Leiden der deutschen Vertrieben in Frage stellen. Seit über einem Jahrzehnt wird darüber auch in Deutschland wieder offen und über Parteigrenzen hinweg gesprochen. Doch im Prozess der Aussöhnung mit Polen führt das Aufrechnen von Leid in die Irre. Leider scheinen das Steinbach und viele ihrer Anhänger immer noch nicht begriffen zu haben.

Natürlich wird es jetzt Aufregung geben, sicherlich kann die Union auch mit einer Debatte über ihr Profil rechnen. Doch fest steht: Frau Steinbach hat sich auch in ihrer Partei verrannt, ihren Kurs, ihr Auftreten, wollen nicht einmal mehr Konservative wie Volker Kauder mittragen.

Für die CDU ist der laute Abgang Steinbachs aus dem Parteivorstand ein Segen. Die Partei trennt sich damit symbolisch endlich von einem alten, völlig überflüssigen Ballast ihrer Geschichte. Natürlich wäre es unschön, wenn die Rest-Truppen der ultraradikalen Vertriebenen nun in die Fänge anderer, rechtsextremer Parteien gerieten. Doch das muss die Union aushalten.

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Merkel und Co. können sich nicht länger von Leuten wie Steinbach vorschreiben lassen, wie das Verhältnis zu den osteuropäischen Nachbarn gestaltet werden sollte. Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Auch so ein schönes altes Sätzchen.

Eine Idee: Erika Steinbach kann ja zusammen mit Thilo Sarrazin und Wolfgang Clement eine neue Partei gründen - die Tabu-Brecher, die Verkannten Volkshelden oder so ähnlich.

Das wird man ja wohl noch vorschlagen dürfen.

Quelle: www.spiegel.de

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