Reue
Die Welt war warm und klein.
Die Welt bestand aus Flieder.
Dein Hauch war duftender Flieder.
Deine Hände rochen nach Flieder.
Wir trafen im Juni uns wieder –
Das letzte Stelldichein.
Dann kam der Zug heran.
Der Zug mit dem wilden Kreischen,
mit dem mahnenden schrillen Kreischen.
Er wollte das Herz mir zerreißen,
er wollte die Nerven zerfleischen.
O Himmel, was fange ich an?
Du hobst deine Kleider auf,
warst morgenfrisch wie eine Rose –
die Venus in schönster Pose.
Ich sagte: Auf Wiedersehn, Rosa –
Dulzinea du von Tobosa!
Und begann meinem Marathonlauf.
O hätte ich damals gewusst,
dass wir uns nicht sehen wieder,
um zu baden im duftenden Flieder,
um zu singen die lautlosen Lieder,
wie Libellen sie singen im Riede,
dass es war unser letzter Kuss –
hätt’ ich damals gedämpft meine Hast,
hätt ich damals gedämpft meine Schritte,
diese unsicher schwankenden Schritte...
Ja, mich hat wohl der Teufel geritten,
sonst hätt ich den Zug verpasst.
1969