Die neue Diktatur

„Auf jeden Klugen kommen tausend Dumme…
und dieses Tausend übertönt alle.“

A. P. Tschechow (aus Bunins Erinnerungen)

Als ich den Artikel erst noch plante, stellte ich mir vor, welche Epitheta mir unsere liberale politische Umgebung nach seinem Erscheinen verpassen wird. Und da kam mir der Gedanke, den möglichen Opponenten unter den Eiferern sogar zu helfen, indem ich ihnen sogar den Titel für ihren kritischen Artikel vorschlagen würde u. z. „Bemerkungen eines Obskuranten“.

Ehrlich gesagt ist Russland im Sinne political correctness nicht zu vergleichen mit dem Westen, wo sich die Tyrannei der liberalen Abgeschmacktheit verfestigt hat. So wollte z. B. in Frankreich ein geachteter deutscher Schriftsteller bei Milosewics Begräbnis dabei sein - die Aufführung seines Theaterstücks im Theater Frances wurde sofort verboten! Und in unserem Lande erklärte die nicht minder geachtete W.I. Nowodworskaja in einer Livesendung , dass es überhaupt nicht nötig sei die Meinung des russischen Volkes zu berücksichtigen, indem in Russland die Demokratie eingeführt wird – sowieso verstehe das Volk nichts davon. Diese Absurdität entspricht „ganz und gar meinem Geschmack“: Aus dem Munde der „Oma des russischen Dissidententums“ hört man eine durch und durch trozkistische Wahrheit. Stellen Sie sich einfach vor, Derartiges wäre aus Naivität Busch über die Errichtung einer Demokratie im Irak entflohen. Bei uns aber wurde alles ruhig geschluckt. Unsere politische Toleranz erlaubt es verdienten hauptamtlichen Liberalen beliebige Dummheiten zu begehen…

Es könnte sein, dass der Leser immer noch nicht begreift, worum es geht. Gehen tut es nämlich um political correctness, was nichts anderes als eine Doktrine ist, die Mitte des vorigen Jahrhunderts, entstand, laut der in der Gesellschaft keine Gedanken ausgesagt dürfen, die das Gehör irgendeiner Gruppe von Menschen verletzen könnte bzw. einer Nation, die in der Regel zu einer Minderheit gehören. Ausgehend vom Postulat, dass alle Menschen gleich seien, verlangt diese Korrektheit Wörter zu verbieten, die wem auch immer, womöglich einen moralischen Schaden zufügen könnten… Siebzig Jahre Diktatur scheinen uns nichts gelehrt zu haben, wenn wir im Endergebnis anstatt der politischen Korrektheit eine Farce und Unsinn (Absurdität) haben!

So gibt es heutzutage keine Alten mehr, sondern „sozial Schwache“, keine geistig Behinderte, aber „Kluge in einer anderen Form“. Behüte Gott einen Afroamerikaner „Neger“ bzw. „Schwarzer“ zu nennen. So ist es übrigens „bei ihnen“. Bei uns nennt man nicht nur Neger „Schwarze“, sondern alle Bürger aus den südlichen Republiken. Homosexualität darf man nicht „Päderastie“ nennen…

Um die feinen jüdischen Witze tut es aber wahrhaftig leid! „Drüben“ darf man diese nicht erzählen. Bei uns – in einer beliebigen Gesellschaft. Shakespeare, glaube ich, würde sich heute nicht mehr erdreisten und einen „Kaufmann aus Venedig“ dichten – sofort würde man ihm den „Antisemiten“ verpassen.

Verschiedene Rassen haben verschiedene Gaben. Ich sehe nichts Schreckliches daran, wenn man die Tatsache anerkennt, dass die Lateinamerikaner bzw. Neger (Pardon, Afrikaner) besser Fußball spielen als Violine, die Juden aber größere Erfolge in den Börsenspielen bzw. demselben Geigenspielen haben, als im Fußball und Boxen. Aber versucht mal diese Tatsachen öffentlich auszusprechen – sofort würdet ihr des Rassismus bezichtigt werden. Denn: „Alle sind Gleich!“ Selbst der Gedanke über eine vermeintliche globale Gleichheit als solcher ist schon blöde. Unterscheiden sich doch sogar Zwillinge voneinander…

Ende des 20. Jahrhunderts stürzte die Berliner Mauer ein und begrub das Bild des Imperiums des Bösen sowie die Gefahr der kommunistischen Tyrannei. Die Welt atmete erleichtert auf, und ich persönlich zusammen mit der ganzen Welt. Es schien, dass es keine Hindernisse mehr im Wege zur Freiheit und Demokratie gebe. Es schien, dass nichts anderes als die Allgemeine Deklaration der Menschenrechte, die von der UNO schon 1948 verabschiedet wurde, der Grundstein der künftigen Gesellschaft sein wird.

Sicher ist es schön in der ganzen Welt ein Dokument zu verkünden, das behauptet, des Menschen ureigene Eigenschaften seien Güte und Gerechtigkeitssinn, er habe ein verbrieftes Recht auf Leben, Arbeit, Freizügigkeit und dass er generell „für Glück wie der Vogel für den Flug“ erschaffen sei. Was aber beobachten wir heutzutage? Die Menschen entpuppten sich überhaupt nicht als nette Geschöpfe: Die Produktion von Waffen und der Waffenexport sind in kurzer Zeit ums mehrfache gewachsen, weil in verschiedenen Regionen der Welt plötzlich Kriege ausbrechen, die gar keinen ideologischen Hintergrund haben – religiöse, , Rassen- und sogar Stammeskriege.

Was die Sowjetunion angeht, so wurde diese Deklaration auf Papier anerkannt, und als der Staat zerfiel, wurde sie in der Flut blutiger politischer und nationaler Konflikte glatt „vergessen“.

Und so bestätigte sich, dass der Schriftsteller William Golding recht hatte, als er schrieb, dass der „Mensch das gefährlichste Tier sei, das auf Erden lebt“. Die Ideologen von Weltruf wurden fassungslos: Die Realität entsprach nicht den in der Deklaration vorgezeichneten hohen Ideen und Verhaltensregeln. Solange zwei Weltsysteme einander trotzten, hat man alles ruhig auf das Imperium des bösen abwälzen können. Wer aber trägt nun die Schuld? Die Menschheit? Und da tauchte eine neue Tyrannei auf, die Tyrannei der Doppelstandards, die Tyrannei der „richtigen“ Begriffe, die in ganz irrigen und sogar absurden Fällen angewendet werden. Es sollte mal irgendein Politiker versuchen den Golding zu zitieren! Den würde man sofort zerstäuben als Faschisten, als Sadisten, Rassisten und generell als Xenophoben. Mit seiner Karriere wäre es aus, denn die öffentliche Meinung duldet sowas nicht. Man kann ruhig konstatieren, dass im Westen eine neue Diktatur entstanden ist, die Diktatur der Politischen Korrektheit.

Neulich ist es im Westen, aber auch bei uns so, dass Homosexuelle frei ihre Demonstrationen und Loveparades  durchführen, wo sie öffentlich ihre Orientation zur Schau stellen. Die Behörden wahren dabei Ruhe, da sie sich als politisch korrekt wähnen. Würde ich aber meine Heterosexualität deklarieren, sofort würde ich der Homophobie angeschuldigt werden, und in manchen Ländern würde ich sogar hinter die Gitter kommen. Es ist schon komisch, aber einen Vertreter der sexuellen Minderheiten würde man nie wegen Heterophobie anklagen. Manchmal ist es gefährlich seine Gedanken auszusprechen! Es verfolgt einen ständig die Befürchtung, dass irgendwo irgendwer „sitzt und darauf wartet“, dass einer ein politisch nicht korrektes Wort fallen lässt. Übrigens handelt es sich um nichts anderes als die Verletzung des Rechts auf freie Äußerung der Gedanken, wenngleich auch strittiger. Nichtsdestotrotz sehen wir weg von der bedauernswerten Tatsache, dass die Menschen nicht gleich sind und die Menschenrechte nicht nur in von fremden Truppen besetzten Ländern verletzt werden, sondern fast überall. Politische Korrektheit ist nichts anderes als legitimierte Lüge in allem. Die Politische Korrektheit veranlasst unsere Regierung  zu erklären, dass die Verfestigung der Machtvertikale die Festigung der Demokratie sei. Das stimmt aber nicht. Die Festigung der Machtvertikale ist ein Angriff auf unsere fiktive Demokratie, soll aber für die Stabilität des Landes nötig sein. Wir aber – die Sklaven der neuen Diktatur – haben Angst die Dinge bei ihrem Namen zu nennen. Seinerzeit schon resümierte Tschechow traurig, indem er die … Kämpfer für die Rechte des Volkes beobachtete: „“Warum das Volk belügen? Warum den Menschen vormachen, sie hätten in ihrer Unwissenheit Recht?“

Die politisch korrekte Hinrichtung von Saddam Hussein ekelt an und setzt einen in Verzweiflung wegen der Hilflosigkeit der Welt vor der frechen, scheinheiligen Politik der USA. Die Diktatur der politischen Frömmelei schließt völlig die Möglichkeit aus zu verstehen bzw. öffentlich einzugestehen: Trägt der Diktator auch Schuld, so besteht sie lediglich darin, dass er sein Land laut den Kulturgesetzen seines Landes regierte. Hat Saddam wohl mehr verbrochen, als Nabuchodonosor, Saladin, Richard das Löwenherz oder Herzog Alba, die ganze Städte ausschlachteten, wenn sie sich nicht ergaben.

Es stimmt, dass sie im Mittelalter und davor lebten. Die Politische Korrektheit aber verbietet es zu behaupten, dass es Kulturen gibt, die zurzeit ihr Mittelalter erleben.

Der legendäre Filmstar Marlon Brando erlaubte sich in einer Fernsehsendung des Journalisten Larry King die Bemerkung, Juden ziehen die Strippen im Hollywood. Am nächsten Tag prangte auf dem Foto des Stars im Boullevard von Hollywood ein schwarzes Hakenkreuz. Die jüdische Gemeinde in Hollywood verlangte vom Schauspieler eine Entschuldigung. Brando entschuldigte sich vor den Juden und der jüdischen Gemeinde. Ihm wurde verziehen und man erlaubte ihm wieder im Hollywood zu filmen. Ich kann um alles in der Welt nicht begreifen, was so Antisemitisches an Brandos Replik zu bemängeln war. Ehrlich gesagt, hatte er doch recht. Darüber aber pflegt man nicht zu sprechen. Für mich im Gegenteil gelten die Juden als großartige Menschen. Denn nur wenn man zusammenhält, kann man was erreichen, wie politische Ziele so auch in der Wirtschaft. Da könnten wir uns was abgucken. Aber Pardon, was mir jetzt rausgerutscht ist, ist wieder nicht besonders politisch korrekt. Sie dürfen raten, aus wessen politischer Sicht!

Andrej Kontschalowskij

Unterstützung in sozialrechtlichen Angelegenheiten

macht Sozialreferent mit langjähriger Erfahrung

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Tel.: 0341-333-85-973

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